Kommunale Flüchtlingsaufnahme wird im Bundestag diskutiert

Der Ausschuss Inneres und Heimat des Bundestags hat am 04. November 2019 in einer öffentlichen Sitzung über zwei Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke zur Stärkung kommunaler Aufnahme und Integration von Geflüchteten beraten. Als Sachverständige war die Präsidentin der HUMBOLDT-VIADRINA Governance Platform, Prof. Dr. Gesine Schwan, geladen. Sie betonte, dass Europa beim Thema Flucht und Asyl immer noch keine Lösung gefunden habe. Diese Unfähigkeit zur Lösung auf europäischer Ebene sei keine kleine Frage, sondern zentral, da sie den europäischen Zusammenhalt gefährde. Deshalb begrüße sie den Vorstoß zur Stärkung der Kommunen. Insbesondere die Forderung nach einem europäischen Integrations- und Entwicklungsfonds, der die Städte und Gemeinden in der Aufnahme und Integration direkt finanzieren sowie Mittel in gleicher Höhe für die eigene kommunale Infrastrukturentwicklung zur Verfügung stellen könnte, sei ein wichtiger Schritt zur Erreichung einer gerechten und nachhaltigen Lösung dieser Frage in Europa (lesen Sie dazu mehr hier).

Dass das Thema auch den Kommunen selbst unter den Nägeln brennt, unterstrich der Oberbürgermeister von Potsdam, Mike Schubert. Seine Stadt koordiniert das Bündnis „Städte Sichere Häfen“, das sich für eine zusätzliche kommunale Aufnahme von aus Seenot Geretteten stark macht, um die humanitäre Katastrophe im Mittelmeer zu beenden (lesen Sie die Potsdamer Erklärung hier). Angestoßen durch die zivilgesellschaftliche Bewegung der Seebrücke haben sich inzwischen 115 Städte zu sicheren Häfen erklärt, und weitere schließen sich stetig an. In diesen Städten leben rund 23 Millionen Menschen, wie Mike Schubert betonte, das sind fast ein Drittel der deutschen Bevölkerung. Den beiden juristischen Sachverständigen, welche sich in der Anhörung kritisch gegenüber einer Stärkung der rechtlichen Aufnahmekompetenz der Kommunen äußerten, entgegnete Schubert, dass es auch darum gehe, was gesetzlich geändert werden müsse, um der kommunalen Bereitschaft der Kommunen zur Aufnahme entgegenzukommen. Die ebenfalls als Sachverständigen eingeladenen kommunalen Spitzenverbände äußerten sich jedoch zurückhaltender. Einig mit anderen Sachverständigen war man sich insofern, dass eine Vereinbarung auf europäischer Ebene notwendig sei. Welche Rolle den deutschen und europäischen Kommunen bei einer solchen Lösung eingeräumt werden solle, darüber gab es jedoch unterschiedliche Auffassungen. Uda Bastians, die Vertreterin des Deutschen Städtetags verwies auf unterschiedliche Positionen innerhalb ihres Verbands: Während einige Kommunen zu einer zusätzlichen Aufnahme bereit seien, gäbe es bei anderen eine Zuzugsperre. Dass das nicht prinzipiell ein Problem sei, sondern einige Städte vorangehen könnten und andere eventuell später nachziehen, warf der Oberbürgermeister von Potsdam noch einmal ein. Auch der Vorschlag der HUMBOLDT-VIADRINA Governance Platform setzt auf die Vorreiterrolle einiger Kommunen, indem sie zeigen, dass – mit den richtigen finanziellen Mitteln ausgestattet – die Aufnahme und Integration von Geflüchteten eine positive Entwicklung in Gang setzen kann.