Der Europäische Integrations- und Entwicklungsfond

Ein progressiver Ansatz für europäische Solidarität

Kommunen, die sich bereit erklären Schutzsuchende aufzunehmen, sollten mit einem finanziellen Anreiz gestärkt werden. Dafür schlagen wir die Einrichtung eines EU-Fond vor, bei dem die Kommunen direkt finanzielle Mittel beantragen können. Über die Kosten der Aufnahme und Integration hinaus, können Kommunen Mittel in gleicher Höhe für die eigene kommunale Entwicklung erhalten.

Logo Europäischer Integrations- und Entwicklungsfond für Kommunen

Projektübersicht

Städte und Kommunen sind zentrale Akteure bei der Aufnahme von Migrant*innen und Schutzsuchenden. Sie sind verantwortlich für die Bereitstellung von Wohnraum, die Integration in den lokalen Arbeitsmarkt und für die Gewährung von Sozialleistungen wie Gesundheitsversorgung, Kinderbetreuung und Bildung. Gleichzeitig sind sie notorisch unterfinanziert und von den meisten EU-Entscheidungen zur Asyl- und Migrationspolitik ausgeschlossen. Dennoch haben viele Kommunen in den letzten Jahren in ganz Europa erklärt, dass sie bereit sind, freiwillig zusätzliche Migrant*innen und Schutzsuchende aufzunehmen, und haben ihre Bereitschaft gezeigt, sich an der Umsiedlung aus den Erstankunftsländern zu beteiligen. Obwohl die Kommunen nicht über die rechtlichen Befugnisse verfügen, um sich direkt an Umsiedlungsprogrammen zu beteiligen, könnte ihre Bereitschaft, Schutzsuchende aufzunehmen, genutzt werden, um die politische Blockade auf europäischer Ebene zu überwinden. Dafür müssten sie unter anderem von der Europäischen Union mit angemessenen Mitteln ausgestattet werden.

Eine europäische Finanzierung für aufnahmebereite Kommunen

Als Möglichkeit, die freiwillige Aufnahme durch die Kommunen zu unterstützen, schlagen wir die Einrichtung eines unabhängigen, europäischen “Integrations- und Entwicklungsfonds ” vor, aus dem die Kommunen Erstattungen für die Aufnahmekosten und den gleichen Betrag für ihre eigene kommunale Entwicklung erhalten könnten. Eine solche innovative Kombination von Integrations- und Kommunalentwicklungsmaßnahmen würde die Kommunen angemessen mit Finanzmitteln ausstatten und die Aufnahme von Flüchtlingen von einer finanziellen Belastung in eine Chance für nachhaltige Entwicklung auf lokaler Ebene verwandeln. Dieser Fond kann den Städten einen Anreiz und eine größeren Spielraum geben, sich für humanitäre, nachhaltige und inklusive Lösungen einzusetzen. Gerade in Zeiten steigender Anti-Migrations-Stimmung und der Zurückhaltung der EU-Mitgliedsstaaten, sich an innereuropäischen Programmen der Umverteilung von Geflüchteten zu beteiligen, bietet dieser kommunale Ansatz eine neue Perspektive für eine progressive europäische Solidarität.

Rechtsgutachten

Allerdings wirft die gemeinsame Finanzierung von Stadtentwicklung und Integration in einem gemeinsamen Fond sowie der direkte Transfer von EU-Mitteln an Gemeinden und Städte rechtliche und praktische Fragen auf. Lassen die Verträge der EU einen solchen Fond zu? Und wie muss dieser gestaltet sein, damit er sowohl für große als auch für kleine Städte und Gemeinden ein nützliches und zugängliches Instrument ist? Um diese rechtlichen und praktischen Herausforderungen und Möglichkeiten zu diskutieren, haben wir zusammen mit der Friedrich-Ebert-Stiftung ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben und dazu mit europäischen Akteuren und Rechtsexpert*innen diskutiert.

Policy Brief

Begrenzt gibt es auch Möglichkeiten für Städte und Kommunen direkte EU-Mittel für die Aufnahme- und Integrationskosten zu beantragen. Oft ist das Prozedere allerdings komplex, der Aufwand für Kommunen sehr hoch.   In einem Policy Brief geben wir einen Überblick über die verschiedenen EU-Finanzierungsmechanismen in diesem Bereich.

LAUFZEIT

2020 – 2022

TEAM

Giulia Fellin, Johannes Krabbe, Malisa Zobel

PARTNER

Friedrich-Ebert-Stiftung Brüssel

Publikationen

Europäische Kommunen übernehmen direkte Verantwortung für die Aufnahme und Integration von Migranten und Flüchtlingen. Dennoch sind sie notorisch unterfinanziert und von den meisten EU-Entscheidungen zur Asyl- und Migrationspolitik ausgeschlossen. Dieses Policy Brief beleuchtet die Komplexität, den Aufwand und die Aussichten auf Zugang zu EU-Mitteln für die Aufnahme- und Integrationskosten in Kommunen. Wir geben einen Überblick über die verschiedenen EU-Finanzierungsmechanismen in diesem Bereich, die grundlegenden Funktionsweisen der Fonds und die kontroversen Debatten um den aktuellen EU-Haushalt 2021-2027. In Anbetracht der anhaltenden Defizite in Bezug auf den Zugang zu und die Beteiligung von Kommunen an der Programmplanung von Fonds schließen wir das Kurzdossier mit einigen Empfehlungen.
Ein Screenshot des Titels des Rechtsgutachten "Integrations- und Entwicklungsfond". In der Europäischen Union fehlt es in der Flüchtlingspolitik an einer mittel- und langfristigen Strategie, die aufnahme- und integrationsbereite Akteure in der EU unterstützt. Hierzu gehören insbesondere die Kommunen, die bisher nicht hinreichend als eigenständige Akteure berücksichtigt werden. Um die Aufnahme von Geflüchteten nicht als Belastung zu begreifen, sondern sie vielmehr als Möglichkeit für eine nachhaltige Entwicklung zu nutzen, schlagen wir vor, dass die EU einen eigenständigen »Integrations- und Entwicklungsfonds« einrichten soll. Daraus könnten Kommunen, die sich an einem Relocation-Programm von Schutzsuchenden aus den europäischen Außengrenzen beteiligen, direkt Mittel für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen erhalten. Unser Vorschlag sieht vor, dass sie ebenfalls in gleicher Höhe Mittel für die eigene kommunale Entwicklungsprojekte erhalten. Aus unionsrechtlicher Perspektive stellt sich zunächst die Frage, ob sich aus dem Primärrecht eine Kompetenz der Europäischen Union für die Gründung eines solchen Fonds herleiten lässt. Das Rechtsgutachten geht genau dieser Frage nach.
Ein Screenshot der Startseite des Kurzkonzepts "Direkte Finanzierung der Kommunen durch einen europäischen Entwicklungs- und Integrationsfonds". Europa sollte die freiwillige Aufnahme von Geflüchteten durch Städte und Gemeinden mit einer Investitionsinitiative stärken. Durch zusätzliche Mittel soll den Kommunen mehr Gestaltungsspielraum ermöglicht werden. Denjenigen Kommunen, die zur Aufnahme bereit sind, sollten die Kosten der Aufnahme und Integration direkt aus einem europäischen Entwicklungs-und Integrationsfonds erstattet werden. Die Kommunen, welche mehr Verantwortung übernehmen möchten, hätten somit die finanziellen Mittel dafür. Als zusätzlichen Anreiz darüber hinaus, sollten sie Mittel in gleicher Höhe für die eigene kommunale Entwicklung erhalten. So könnten die Städte und Gemeinden nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell eine Wiederbelebung erfahren, da z.B. Mittel für Kulturprojekte zur Verfügung stünden.  In diesem Konzept wird skizziert, wie sich ein solcher Fond finanzieren lassen könnte.

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