Die Trialog-Reihe „Deutscher Sonderweg?“ hatte zum Ziel eine Öffnung für mehr Pluralität in den Wirtschaftswissenschaften durch Einbezug aller relevanten Stakeholder und durch die Herstellung von Perspektivenvielfalt befördern. In den Trialogen wurden Perspektiven innerhalb der deutschen Wirtschaftswissenschaften und in der politikberatenden Ökonomie über die Prämissen und Ausrichtung des Fachs in einen Austausch gebracht. Dabei sollten Ansätze der Mainstream-Ökonomie ebenso zu Wort kommen, wie heterodoxe Positionen. Im Zentrum standen dabei weniger die Frage welche ökonomische Theorie die Realität besser darstellt und welche wirtschaftspolitischen Instrumente zielführender sind, sondern weshalb es überhaupt einen deutschen Sonderweg gibt.
Plurale Ökonomik und der deutsche Sonderweg
Seit mehreren Jahrzehnten ist die neoklassische Schule der theoretische Kern einer dominanten wirtschaftstheoretischen Lehre in Wissenschaft und Politik. Insbesondere in Deutschland gilt an den Universitäten die neoklassische Perspektive als unanfechtbares Paradigma. Dies wirkt sich auch in der Politikberatung aus, wo sich die akademische Neoklassik mit Einsprengseln aus der ordoliberalen Tradition und anderen Theorieansätzen zu einem spezifisch deutschen Mainstream vermengt.
In der Finanzkrise von 2008 konnte die politikberatende Ökonomie deren Dynamiken und Ursachen weder ausreichend erkennen noch befriedigend erklären. Im politischen Raum wird den Wirtschaftswissenschaften immer weniger zugetraut, zur Lösung anstehender gesellschaftlicher Herausforderungen beizutragen – nicht zuletzt, weil die eindimensionale Ausrichtung auf eine Mainstream-Perspektive trotz der Finanzkrise 2008 weiter besteht.
Die internationale Entwicklung ist in den Wirtschaftswissenschaften, vor allem aber in der Politikberatung, pluraler als es in Deutschland wahrgenommen wird. Immer mehr Forscherinnen und Forscher wenden sich Ansätzen zu, in denen historische, soziologische und philosophische Aspekten mehr Raum einnehmen; immer mehr internationale Organisationen wie die OECD oder der IWF kommen zu divergenten wirtschaftspolitischen Schlussfolgerungen. Die Entwicklung in Deutschland wird zunehmend als deutscher Sonderweg angesehen.
2017
Forschungsinstitut für gesellschaftliche Weiterentwicklung, Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft, Universität Siegen, Institute for New Economic Thinking